SGB 8 · § 18

Beratung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts

Inhalt des Umgangsrechts ist das (subjektiv-eigene) Recht des Kindes auf persönlichen Kontakt mit dem umgangsberechtigten bzw. umgangsverpflichteten Elternteil. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es in der Regel dem Wohl des Kindes dient und auch in seinem Interesse liegt, wenn es regelmäßigen Umgang mit beiden Eltern und mit anderen Personen hat, zu denen das Kind eine Bindung besitzt.

UNSER ZIEL

Ziel unserer Hilfe ist es, den Kontakt und die für die Entwicklung des jungen Menschen so wichtigen sozialen Beziehungen und emotionalen Bindungen zu seinen Bezugspersonen aufzubauen, zu erhalten, weiterzuentwickeln und zu fördern.

Junge Menschen und ihre Eltern sollen trotz einer Trennung/Scheidung die gewachsenen Bindungen und Beziehungen zwischen ihnen bestmöglich erhalten.

Durch den Umganskontakt soll den Eltern unter anderem ermöglicht werden

  • sich vom körperlichen und geistigen Befinden ihres Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen
  • die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten
  • einer Entfremdung vorzubeugen
  • dem Bedürfnis nach Bindung und Nähe Rechnung zu tragen.

Insbesondere für Mütter und Väter, die nicht mit ihrem Kind zusammenleben, ermöglicht der persönliche Kontakt mit ihm, eine nähere Beziehung aufzubauen oder aufrechtzuerhalten.

Das Kind kann durch den Umgang die Beziehung zu dem nicht mit ihm zusammenlebenden Elternteil aufrechterhalten und durch Begegnungen und gegenseitige Aussprache pflegen. Es soll wissen, dass beide Eltern trotz ihrer Trennung weiterhin Verantwortung wahrnehmen (können und wollen). Das Umgangsrecht ermöglicht dem Kind auch, die Trennung der Eltern und die Auflösung der Familie zu verarbeiten und zu beiden Eltern eine kontinuierliche Bindung aufrechterhalten zu können, ohne einen Elternteil zu verlieren.

Ein begleiteter Umgang ist also eine professionelle Unterstützung zur Förderung des Kontaktes zwischen jungen Menschen und einem Elternteil, wenn der Kontakt für längere Zeit unterbrochen wurde oder aufgrund einer konflikthaften Situation nicht bestand. Dabei geht es oft um Familiensituationen, in denen durch starke Konflikte zwischen den Elternteilen eine direkte Gefährdung des Kindes nicht auszuschließen ist.

Zu den Aufträgen der Hilfen nach § 18 SGB VIII gehören unter anderem:

  • das Erarbeiten von unbegleiteten Kontakten

  • die Erarbeitung einer gemeinsamen Erziehungshaltung

  • die Förderung der Kommunikationsfähigkeit der Kindeseltern
  • die Etablierung einer verlässlichen Umgangsregelung

  • eine Stärkung der Eltern-Kind-Bindung und Akzeptanz
  • eine Auflösung des Loyalitätskonfliktes

Die Zielgruppe

Kinder getrennt lebender Eltern

Unsere Vorgehensweise

Die begleiteten Umgangskontakte führen wir nach vorheriger gemeinsamer Planung nach dann verbindlichen Rahmenbedingungen durch. Mögliche Rahmenbedingungen können sein:

  • Ein Umgangskontakt unter Drogen- oder Alkoholeinfluss eines Elternteils kann nicht durchgeführt werden. Eine Testung dessen kann unter bestimmten Voraussetzungen vorab erfolgen.

  • Nach vorheriger gemeinsamer Absprache können Handys oder sonstige elektronische Medien mit eingebunden werden.

  • Alle Beteiligten achten auf einen wertschätzenden Umgang miteinander.

  • Der begleitete Umgangskontakt ist in erster Linie für das Kind und den entsprechenden Elternteil gedacht. Nach gemeinsamer vorheriger Absprache ist eine Beteiligung weiterer wichtiger Bezugspersonen möglich.

  • Nach vorheriger Absprache aller an der Hilfe Beteiligten können moderierte Elterngespräche angeboten werden.

  • In der Regel werden die Umgangskontakte mit dem jeweiligen Kind/Elternteil vor- und nachbereitet.

  • Nach individueller Absprache haben die Kinder/Eltern die Gelegenheit, in Einzelgesprächen ihre Befindlichkeiten mit der Fachkraft zu reflektieren.

Videografierte Interaktionsbeobachtung

nach A. Jacob

Die videografierte Interaktionsbeobachtung nach André Jacob ist eine Methode der Beobachtung und Analyse von Interaktionen zwischen Personen. Jacob geht davon aus, dass Interaktionen zwischen Menschen durch Verhaltensweisen, Handlungen und Kommunikation geprägt sind und das diese Interaktionen auf verschiedenen Ebenen miteinander verknüpft sind, hinsichtlich Qualität, Quantität, Dynamik sowie Performanz.
Durch die videografierte Interaktionsbeobachtung nach Jacob werden die interaktiven Kompetenzen des Kindes, der Elternteile, der Interaktionseindruck Gesamt sowie die elterliche Interaktionskompetenz erfasst.

Die interaktive Kompetenz des Kindes umfasst folgende Facetten:

Interaktive Kompetenz des Elternteils

Interaktionseindruck gesamt

Elterliche Interaktion

Während eines Umgangskontaktes gibt es verschiedene Beobachtungskriterien:

Unsere psychologische Fachkraft verschriftlicht die Interaktionsbeobachtungen und bespricht sie mit den jeweiligen Elternteilen.

Psychologisch betreute begleitete

Umgangskontakte

Neben den pädagogisch begleiteten Umgangskontakten bieten wir auch solche mit psychologischer Begleitung an. Themenbereiche, die psychologisch erhoben und bearbeitet werden, können sein:

  • das vorhandene Elternbild

  • Zusammengehörigkeitsgefühl

  • Identifikation

  • Konflikte

  • elterliche Belastungen

  • vorhandene Ressourcen

  • Selbstmanagementfähigkeiten

  • Emotionsregulationsstrategien

Desweiteren arbeiten wir psychologisch bei vorliegender oder angenommener Verantwortungsübernahme, Rollendiffusion sowie Loyalitätskonflikt.

Unsere Vorgehensweise

Psychologisch betreute begleitete Umgangskontakte haben, soweit nichts anderes mit dem zuständigen Jugendamt vereinbart wurde, folgenden Ablauf:

Wir klären im Erstgespräch den genauen Auftrag, die zu bearbeitenden Themenbereiche, die Beratungsdauer sowie den Ort der Hilfe.

Anschließend zeigen wir den Elternteilen, wo die Umgangskontakte stattfinden und nennen Dauer und Rahmenbedingungen. Wir informieren die Eltern über die Nachbesprechung und Dokumentation und darüber, dass am Ende der psychologischen Betreuung ein Abschlussbericht erfolgt. Schließlich klären wir auch die Vorgeschichte der Klient:innen im Erstgespräch.

Vertrauen ist die Basis.

Da wir zu Beginn ein Vertrauensverhältnis aufbauen möchten, verwenden wir meist eine offene Frageform, damit Klient:innen die Situation auf ihre Weise schildern können.

Abhängig vom Auftrag des zuständigen Jugendamtes finden die Kontakte wöchentlich oder vierzehntägig in den Räumen der Blickpunkt Kinder- und Jugendhilfe oder, nach Vereinbarung, bei einem Elternteil zuhause statt. Durchschnittlich dauern die Kontakte ein bis zwei Stunden, bei entsprechender Indikation auch länger. Letztlich hängt die Dauer eines einzelnen Kontaktes aber von den Befindlichkeiten und Gefühlsregungen des Kindes ab. Unsere psychologische Fachkraft bleibt in der Regel die ganze Zeit im Raum, um zum einen die Interaktionen inklusive verbaler und nonverbaler Kommunikation zu beobachten und zum anderen dem Kind emotionale Sicherheit zu vermitteln.

Der psychologisch begleitete Umgangskontakt endet mit einer Nachbesprechung mit dem jeweiligen Elternteil. Diese Gespräche finden immer persönlich statt. Wir reflektieren, wie der Kontakt aus Elternsicht verlaufen ist, wie unsere Fachkraft unter Zuhilfenahme der Interaktionsbeobachtung ihn bewertet, was gut gelaufen ist und was beim nächsten Kontakt besser laufen könnte.

Mit den Kindern findet ebenfalls eine Nachbesprechung statt. Hier werden vor allem Gefühle reflektiert und eingeordnet; wir versuchen die Kinder so wieder in ein Erleben der Selbstwirksamkeit zu bringen. Ebenso werden die nächsten Kontakte inhaltlich und so für die Kinder vorhersehbar vorbesprochen.

Am Ende der Hilfemaßnahme findet ein Abschlussgespräch mit den Beteiligten statt. In diesem Gespräch werden erneut die Ziele sowie die Entwicklungen im Zeitraum besprochen. Wenn zum Ende des Bewilligungszeitraumes eine erneute diagnostische Überprüfung erfolgt, besprechen wir die Ergebnisse ebenfalls im Abschlussgespräch mit den Personensorgeberechtigten.
Am Ende des Bewilligungszeitraumes erörtern wir in diesem gemeinsamen Gespräch mit dem Jugendamt, ob eine weitere psychologische Beratung notwendig oder eine pädagogische Begleitung angezeigt ist. Möglicherweise kann der begleitete Umgangskontakt auch in unbegleitete Kontakte überführt werden.

Auszüge aus dem „Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Auflage

Die rechtlichen Grundlagen sind im § 18 in Verbindung mit § 27 SGB VIII zu finden.

„Mütter und Väter, die allein für einen jungen Menschen zu sorgen haben oder tatsächlich sorgen, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung.
Junge Menschen haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts nach §1684 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie sollen darin unterstützt werden, dass die Personen, die nach Maßgabe der §§ 1684 und 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Umgang mit ihnen berechtigt sind, von diesem Recht zu ihrem Wohle Gebrauch machen. Eltern, andere Umgangsberechtigte sowie Personen, in deren Obhut sich der junge Mensch befindet, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Bei der Befugnis, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des jungen Menschen zu verlangen, bei der Herstellung von Umgangskontakten und bei der Ausführung und bei der Ausführung gerichtlicher oder vereinbarter Umgangsregelungen soll vermittelt und in geeigneten Fällen Hilfestellung geleistet werden.
Immer muss sich Beratung auf die konkrete Lebenssituation der zu Beratenden sowie auf die Folgen eines Tuns oder Unterlassens erstrecken. Beratung umfasst Hilfen für die Einschätzung von Risiken, die Entwicklung von Handlungsalternativen und für Wege zu einer möglichst eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung. Sie meint aber nicht die Entscheidung an sich. Diese haben die zu Beratenden selbst zu treffen. Denn Beratung will die Hilfesuchenden in den Stand setzen, zu erkennen und zu verstehen, sowie nach Prämissen selbst zu handeln und selbst zu entscheiden (Hilfe zur Selbsthilfe).“